Nr. 12/2025
Beschluss des Staatsgerichtshofs in dem Verfahren der AfD-Fraktion und von 27 Landtagsmitgliedern gegen den Hessischen Landtag wegen der Raumzuteilung in dessen Liegenschaften - P.St. 2946 -
Mit Beschluss vom 12. November 2025 hat der Staatsgerichtshof des Landes Hessen die in einem Verfassungsstreitverfahren gegen den Hessischen Landtag gestellten Anträge der AfD-Fraktion sowie von 27 Landtagsmitgliedern zurückgewiesen.
Die Antragsteller wandten sich gegen die Zuteilung von Räumen in einem rund 500 Meter von der Hauptliegenschaft des Landtags entfernten Gebäude. Hierdurch sahen sie sich insbesondere in ihrem Recht auf Gleichbehandlung im parlamentarischen Raum verletzt. Der Staatsgerichtshof entschied, dass diese Ungleichbehandlung der Antragsteller gegenüber anderen Fraktionen und Abgeordneten gerechtfertigt ist, weil sie auf sachlichen Gründen beruht und diskriminierungsfrei erfolgt ist sowie die Mandatsausübung nicht unzumutbar erschwert.
- Wegen Sanierungsarbeiten am historischen Stadtschloss des Landtags in Wiesbaden mussten die Räume im Landtagsgebäude zum Teil neu verteilt werden. Dabei wurden den Mitgliedern der AfD-Fraktion in der 20. Wahlperiode keine Räume im Hauptgebäude des Landtags, sondern in einer circa 500 Meter von diesem entfernten Liegenschaft zur Verfügung gestellt. Auch in der 21. Wahlperiode beschloss das Landtagspräsidium auf Empfehlung des Ältestenrats, dass die bisherige Nutzung der Liegenschaften des Landtags durch die Fraktionen fortgeschrieben werden soll − mit der Maßgabe, dass die AfD-Fraktion, sofern möglich, eine begrenzte Anzahl Büros und einen Sitzungssaal in der Hauptliegenschaft zugewiesen bekommt.
- Die Antragsteller wandten sich sowohl gegen den entsprechenden Beschluss des Landtagspräsidiums als auch gegen die konkrete Raumzuteilung in Umsetzung des Präsidiumsbeschlusses. Sie meinten, die Zuweisung von Räumen außerhalb der Hauptliegenschaft des Landtags verletze sie in ihrem Recht auf Gleichbehandlung im parlamentarischen Raum, weil hierdurch ihre parlamentarische Arbeit erheblich erschwert und behindert werde. Um jedenfalls alle Abgeordneten und Fraktionen gleich zu behandeln, käme entweder eine Rotation der externen Unterbringung von Fraktionen oder eine Belastung jeder Fraktion im jeweils gleichen Verhältnis in Betracht.
- Der Staatsgerichtshof stellte zunächst klar, dass der Hessische Landtag zwar grundsätzlich für Handlungen seiner (Hilfs-)Organe rechtlich verantwortlich ist und sich vorliegend den Beschluss seines Präsidiums − ein kollektives Leitungsorgan des Landtags − zurechnen lassen muss. Die durch das Präsidium beschlossene Raumzuteilung kann auch im Wege einer Verfassungsstreitigkeit angegriffen werden, weil sich die Raumzuteilung hier in einer verfassungsrechtlichen Dimension zeigt.
- Allerdings entschied der Staatsgerichtshof, dass die Antragsteller durch die angegriffene Raumzuteilung nicht in ihren verfassungsrechtlich verbürgten Statusrechten verletzt werden. Zwar werden die Antragsteller im Vergleich zu den übrigen Fraktionen und deren Abgeordneten ungleich behandelt, weil nur ihnen Räume rund 500 Meter entfernt von der Hauptliegenschaft des Landtags zugewiesen wurden. Jedoch prüft der Staatsgerichtshof bei Maßnahmen, die – wie die Raumverteilung – die innere Organisation des Landtags betreffen, nur, ob eine Ungleichbehandlung von einzelnen Fraktionen und Abgeordneten auf sachlichen Gründen beruht, diskriminierungsfrei erfolgt und die Ausübung des Mandats nicht unzumutbar erschwert. Gemessen hieran ist der angegriffene Beschluss des Landtagspräsidiums verfassungsrechtlich offensichtlich nicht zu beanstanden. Die aufseiten des Landtags Beteiligten führten sachgerechte Gründe dafür an, warum die bereits in der 20. Wahlperiode teilweise erfolgte Ausgliederung der Räumlichkeiten trotz eines entsprechenden Zuwachses der AfD-Fraktion auch in der 21. Wahlperiode fortgesetzt werden sollte. Zudem erschwert die angegriffene Zuweisung von Räumlichkeiten die Mandatsausübung der Antragsteller nicht unzumutbar.
Mit Blick auf die Raumverteilung in zukünftigen Wahlperioden und bereits nach (teilweisem) Abschluss der Sanierungsarbeiten und der infolgedessen wieder möglichen Nutzung von Räumlichkeiten in der Hauptliegenschaft des Landtags müssen dessen Entscheidungsträger aber mit gebotener Sorgfalt erneut und jeweils diskriminierungsfrei prüfen, ob die Auslagerung allein der AfD-Fraktion sowie deren Abgeordneten noch gerechtfertigt ist. - Soweit sich die Antragsteller gegen die Umsetzung des Präsidiumsbeschlusses durch die Landtagspräsidentin wenden, haben sie bereits nicht substantiiert dargetan, inwiefern sie durch die konkrete Raumzuweisung der Landtagsverwaltung zusätzlich, das heißt über die Grundentscheidung des Präsidiums hinaus, beschwert sein könnten.